Die deutsche Automobilindustrie blickt auf eine Reihe großer Herausforderungen: Von der Dieselkrise über EU-Richtlinien zu CO2‑Grenzwerten bis hin zur Unsicherheit, die die stockenden Brexit-Verhandlungen bewirken – die gesamte Branche ist auf Veränderung eingestellt. Die Aufgaben sind dabei klar, ebenso wie die Tatsache, dass es um sehr viel mehr geht als politisch motivierte Problemfelder. Gestellt werden muss angesichts der Notwendigkeit eines weitreichenden Wandels, wie dieser aussehen könnte.
Bestandsaufnahme: Stimmungslage und Zukunftstrends
Unter Experten wie Vertretern der unterschiedlichen Zweige der Automobilbranche herrscht weitgehend Einigkeit, wenn es um die maßgeblichen Treiber des Wandels geht, der sich bereits im Vollzug befindet – aber noch keineswegs abgeschlossen ist. Es sind einerseits die eingangs erwähnten Handlungsfelder, die teils bereits klar umrissen sind – etwa die Grenzwert-Richtlinien – oder noch unklar wie der Ausgang der Brexit-Verhandlungen.
Auf der anderen Seite sind es globale Trends wie Vernetzung und E-Mobilität, die sowohl bei Herstellern wie auch bei Zulieferern und nicht zuletzt den Kunden eine gewichtige Rolle spielen.
Die Ergebnisse des PwC-Stimmungsbarometers Automotive 2019 liefert deshalb kaum Überraschungen hinsichtlich der Themen, welche die Automobilbranche sowohl rückblickend als auch in Zukunft beschäftigen. Als größter Einflussfaktor bleibt die Dieselkrise stehen, die sich nach den jüngsten Meldungen zur möglichen Zykluserkennung von VW-Dieselmotoren der Kategorie Euro 6 weiter in Länge ziehen könnte.
In engem Zusammenhang hiermit stehen außerdem die Regulierungen zum Klimaschutz, die für eine nahezu ähnlich hohe Zahl an Unternehmen (70 Prozent) eine Herausforderung wird, mindestens für die kommenden fünf Jahre.
Daneben sind es auch gravierende internationale Entwicklungen, die auch die Automobilbranche nicht unberührt lassen: Ein rückläufiger chinesischer Automobilmarkt, der Handelskrieg zwischen China und den USA und die immer größere Wahrscheinlichkeit eines harten No-Deal-Brexits sorgen für wenig Optimismus bei einem großen Teil (zwischen 50 und 60 Prozent) der befragten Automobilmanager.
E-Mobilität als Chance für Hersteller
Dennoch gibt es auch positive Ausblicke, allerdings nicht ohne herausfordernden Charakter. Dazu gehört in erster Linie die E-Mobilität, die für Branchenvorreiter ebenso Chancen eröffnet wie für junge Unternehmen. Damit einher geht allerdings ein erheblicher Innovationsdruck in wichtigen Bereichen, d.h. etwa bei der (Weiter‑) Entwicklung von Batterien und beim Thema Schadstoffreduzierung. Die Unternehmen fühlen sich hierauf unterschiedlich gut vorbereitet, was wiederum den großen Zuspruch (90 Prozent) für branchenübergreifende Kooperationen erklärt.
Die könnten auch in zunehmendem Maße relevant werden, betrachtet man die möglichen Entwicklungen innerhalb der Automobilbranche, die eine Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw) und des Verbands der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (bayme vbm) anhand verschiedener Szenarien erläutert:
- These 1: Derzeit ist noch unklar, wie hoch die Nachfrage nach „hochautomatisierten Elektrofahrzeugen“ überhaupt sein wird.
- These 2: Die Beschaffung von Rohstoffen für die Herstellung von Batterien bleibt ein kritischer Faktor.
- These 3: Die Entwicklungen im Bereich alternativer Kraftstoffe könnte bereits in zehn Jahren einen weiteren Strukturwandel in der Automobilindustrie notwendig machen, hier arbeiten jedoch alle etablierten Hersteller bereits an neuen Konzepten.
Die Treiber der aktuellen wie auch zukünftigen Entwicklungen gliedert die Studie „Veränderungen der bayerischen Automobilindustrie durch automobile Megatrends“ in vier Kategorien, die sich in gewisser Weise auch in den Antworten aus der PwC-Automotive-Befragung ergeben. Maßgeblich werden demnach Technologien, Regulierungsfragen, die Gesellschaft und ihr Nachfrageverhalten sowie Markt und Wettbewerb sein.
Ähnlich fallen die Ergebnisse und Prognosen einer Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung aus, die im Hinblick auf die Zukunft der deutschen Automobilindustrie fragt, ob es dabei eine „Transformation by Disaster oder by Design“ gibt. Als bestimmende Megatrends der Mobilität im Allgemeinen werden die fortschreitende Urbanisierung, Nachhaltigkeit, Individualisierung sowie die Digitalisierung herausgestellt.
Neue Geschäftsmodelle als Antwort?
Daneben gehen die Verfasser der Untersuchung davon aus, dass sich die Automobilität im Besonderen durch die Anforderungen der Elektrifizierung, der Vernetzung der betroffenen Unternehmen, des Aufkommens neuer Wettbewerber sowie der Automatisierung verändern wird. Das bedeutet unter anderem, dass neue Geschäftsmodelle in den Fokus rücken können, etwa Mobilitätsangebote im Dienstleistungsbereich.
Um das „Erfolgsmodell deutsche Automobilindustrie“ zukunftsfähig zu machen, so schlussfolgern prinzipiell alle drei Studien, ist ein umfassender Wandel notwendig. Der kann nicht nur innerhalb der einzelnen Unternehmen stattfinden, sondern muss weitreichender gedacht werden, um Hersteller wie Zulieferer auf die genannten Herausforderungen bestmöglich einzustellen.
Innovationszwang und Kostenkontrolle: Aussichten für Autobauer
Welche Möglichkeiten bleiben Automobilherstellern unter den beschriebenen Vorzeichen, um sich langfristig, mit einer zukunftsfähigen Ausrichtung aufstellen und am Markt behaupten zu können? Wie können größere Investitionen in notwendige Innovationen gelingen, ohne dabei zu Lasten der Wirtschaftlichkeit zu gehen? Wie sehen die Lösungswege aus?
Das Beratungsunternehmen KPMG hat in seiner 20. Ausgabe der Global Automotive Executive Survey (die vollständige Studie in englischer Sprache gibt es hier) vor allem zwei wichtige Möglichkeiten herausgearbeitet, Vernetzung und die Entwicklung neuer Antriebe.
Vernetzung, Digitalisierung und Kooperation
Nach Angaben der befragten Entscheider aus dem Automobil- und Technologiebereich sowie der Konsumenten sind Vernetzung und Digitalisierung die bedeutendsten Trends für die Automobilindustrie.
Das Stichwort in diesem Zusammenhang lautet „Vehicle-to-Grid“, dass das Konzept funktionieren kann, beweist seit vergangenem Jahr ein Pilotprojekt des japanischen Autobauers Nissan in Hagen. Hier wird die Vision vom Elektroauto als Teil eines intelligenten Stromnetzes dem Praxistest unterzogen.
In Zukunft soll eine möglichst große Zahl an E-Fahrzeugen dazu beitragen können, Haushalte mit überschüssiger Energie aus den Batterien zu versorgen und insgesamt als „Zwischenspeicher“ zur Stabilisierung der Stromnetze beizutragen. Um das Konzept einer breiteren Kundschaft zugänglich zu machen, arbeitet Nissan ebenfalls seit vergangenem Jahr mit Eon zusammen, um auch die notwendige Infrastruktur für Vehicle-to-Grid voranzutreiben.
Um eine flächendeckende Lösung zu erreichen, müsste die Zusammenarbeit von Behörden, Politik und Herstellern wieder enger werden. Das Thema Regulierung wurde bereits angesprochen, in der Branche wird diese in unterschiedlichen Bereichen wahrgenommen und als Maßgabe anstelle der eigenen Zielsetzungen empfunden.
Neue Antriebe
So sehr Elektromobilität im Fokus steht, für die Zukunft wird sie nicht die alleinige Lösung sein. Im Gegenteil könnte sie sich schon in den kommenden zwei Jahrzehnten zunehmend die Marktanteile mit anderen Antriebsformen teilen. Batterien und Brennstoffzellen könnten dabei dennoch eine Vorreiterstellung einnehmen.
Abhängig ist die zukünftige Entwicklung aber auch von den gegenwärtig verfügbaren Rohstoffen. Sie sind mitbestimmend dafür, in welche Richtung sich die Schwerpunkte bei den Antriebstechniken bewegen. Regionale Unterschiede sind dabei ein kritischer Faktor, was ebenfalls dazu beiträgt, dass sich eine global funktionierende Lösung in diesem Bereich nicht finden lassen wird.
Transformation entlang der Wertschöpfungskette: Chancen für Zulieferbetriebe?
Diese Trends wirken sich selbstverständlich nicht allein auf die Hersteller aus, sie betreffen in gleicher Weise die Zulieferer. Denn steigende Anforderungen an heutige und zukünftige Fahrzeuge verlangen Hochwertigkeit und technologische Innovation gleichermaßen. Für die Zulieferer der Automobilbranche ergeben sich daraus möglicherweise Chancen, um entlang der Wertschöpfungskette von Know-how und Spezialisierungen zu profitieren.
Steigerung der Wertschöpfung für Zulieferer
Eine PwC-Analyse jedenfalls prophezeit den Zulieferbetrieben eine denkbare Steigerung bei der Wertschöpfung auf rund 77 Milliarden Euro – bis zum Jahr 2030 allerdings. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich die durchschnittlichen Herstellungskosten für einen Pkw, der in Deutschland verkauft wird, im selben Zeitraum erhöhen.
Das heißt jedoch auch, dass verschiedene Bedingungen zusammenlaufen müssen, um überhaupt diesen Punkt der Wertsteigerung erreichen zu können. Antreiber dafür sehen die Verfasser der „Don’t Panic – The Transformation of the Automotive Value Chain“-Studie jedenfalls genug, allein aufgrund der technologischen Veränderungen:
- Autonomes Fahren wird von ihnen als Ursache für eine neue Einstellung zu Nutzung und Besitz von Fahrzeugen beschrieben.
- Außerdem bräuchten elektrische Antriebe weiterhin neue Technologien und Fähigkeiten, wie ja das Hagener Experiment mit dem Nissan Leaf durchaus bestätigt.
Darüber hinaus begünstigen soziale und politische Impulse eine größere Wertschätzung für alternative Antriebskonzepte, woraus ein höherer Marktbedarf entsteht. Begleitet wird dies, so die PwC-Experten, durch Verschiebungen bei den Kosten für die verwendeten Fahrzeugteile und Systeme.
Neue Nutzungsmuster, neue Nachfrage
Aus diesen Entwicklungen leiten die Verantwortlichen der Studie einen Wandel der bestehenden Mobilitätsstruktur ab, inklusive des Bedarfs an neuen Formen der Mobilität. Die finale Schlussfolgerung lautet daher, dass neue Nutzungsmuster zu einem Anstieg der Nachfrage für entsprechende Fahrzeuge führen.
Allerdings mit regional unterschiedlichen Gewichtungen. Die in der Studie angeführten Märkte USA, Deutschland und China haben allerdings auch völlig unterschiedliche Voraussetzungen. Dadurch vollzieht sich der Wandel hin zu neuen Mobilitätsformen in den Vereinigten Staaten nach Voraussage der Experten noch langsamer als etwa in Deutschland, wo besonders die gesetzlichen Vorgaben für ein erhöhtes Aufkommen an elektrischen Fahrzeugen sorgen kann – und damit bereits in den kommenden Jahren für die vorhergesagten neuen Mobilitätsformen.
Generell entstehen daraus vollkommen neue Voraussetzungen wie am Beispiel des wachsenden Carsharing-Marktes verdeutlicht wird: Das Konzept erlaubt grundsätzlich eine geringere Dichte an betriebenen Fahrzeugen. Gleichzeitig werden diese aber intensiver genutzt, was ihre Lebensdauer erheblich verkürzt. Dadurch steigt der Bedarf an neuen Fahrzeugen oder zumindest an Ersatzteilen an. Einen Einbruch des Absatzes müssen die neuen Formen der Fortbewegung also keineswegs bedeuten.
Höhere Wertschöpfung dank anspruchsvollerer Fahrzeuge
Zumal sie die entsprechenden Fahrzeuge brauchen, mit der entsprechenden technischen Ausstattung. Dem Autonomen Fahren traut die PwC-Studie für das Jahr 2030 einen Anteil an den Neuzulassungen von bis zu 28 Prozent voraus. In Kombination mit elektrischen Antrieben ergeben sich daraus vollkommen neue Anforderungen, wie etwa die Neuausrichtung der Karosserie.
Gleichzeitig benötigen die Fahrzeuge eine weiterhin steigende Anzahl elektrischer und elektronischer Komponenten für die Stromversorgung, für die Sensorik, für die Steuerung der Antriebstechnik, für die Datenübermittlung und für die Bereitstellung der erforderlichen Rechenleistung.
Die Schwerpunkte der Zulieferer werden sich somit in absehbarer Zeit weiter verlagern. Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang muss allerdings lauten: Welche Technologien haben das Potenzial, sich langfristig durchzusetzen und welche werden früher oder später abgelöst?
Technologie-Trends rechtzeitig erkennen
Beispielsweise werden Verbrennungsmotoren selbst nach den Prognosen der PwC-Studie im betrachteten Zeitraum nicht vollständig von der Bildfläche verschwinden, sie werden weiterentwickelt und voraussichtlich einen weniger großen Anteil an der Gesamtheit zugelassener Fahrzeuge haben. Hier wie auch bei alternativen Antriebstechnologien müssen die Risiken berücksichtigt werden, zumal der Wandel der Branche nur mit Hilfe erheblicher Investitionen herbeigeführt werden kann.
In diesem Punkt führt die Studie einen elementaren Punkt an, der für einen Erfolg dieses Transformationsprozesses spricht: Der technologische Fortschritt gehört gewissermaßen zur Automobilindustrie dazu, sie hat in den vergangenen 130 Jahren sogar als Vorreiter fungiert. Allerdings weist der europäische Verband der Zulieferer CLEPA auf die veränderten Bedingungen der technischen Entwicklungen hin.
CLEPA plädiert für Unterstützung der Branche
CLEPA-Präsident Roberto Vavassori sprach daher unlängst von einem „Scheideweg“, an dem sich die europäische Automobilindustrie befände: Er führt Wettbewerbsfähigkeit – im internationalen Zusammenhang – und schwächelnde Wirtschaftskraft als kritische Faktoren für die weitere Entwicklung an. Während die politische Zielsetzung einer nachhaltigeren Mobilität vom Verband begrüßt wird, bemängelt Vavassori auf der anderen Seite die Defizite des Regulierungsrahmens.
Das umfasst in großem Maße den Fokus auf der batterieelektrischen Mobilität, mit der ein Rückgang von CO2-Emissionen erreicht werden soll. Problematisch daran findet Vavassori, dass die damit angestrebte Veränderung nicht durch den Markt, sondern von Seiten der Politik angetrieben wird. Wünschenswert seien daher Maßnahmen, die eine größere Technologieoffenheit fördern und verschiedene Lösungen zulassen.
Das scheint aber zumindest für die Hersteller, wie oben beschrieben, ohnehin völlig klar zu sein, weswegen die Entwicklungsabteilungen an unterschiedlichen Lösungen arbeiten. Das hat nicht alleine mit Technologieoffenheit, sondern mit regional unterschiedlichen Voraussetzungen bei der Beschaffung der notwendigen Ressourcen zu tun, wie sie im bereits zitierten Global Automotive Executive Survey 2019 von KPMG beschrieben wird. Wenngleich also das elektrische Fahren auf Batterie-Basis derzeit das Vorzeigekonzept für emissionsarme Mobilität ist, dürften andere Modelle durchaus eine Rolle spielen.
Risiken für Zulieferer bleiben bestehen
Für die Zulieferer wird die Situation dadurch nicht leichter: Allein die Umstellung auf die E-Mobilität ist vielfach bereits ein Kraftakt, dabei ist mit weiter steigenden Anforderungen zu rechnen, wenn sich etwa die Prognose der Vielfalt alternativer Antriebsmodelle bewahrheitet. Eine Chance stellt der Wandel letztlich trotz allem dar.
Als Vorteil könnte sich dabei erweisen, dass sowohl Zulieferer wie auch Hersteller zunehmend Technologien aufgreifen, die nicht originär aus der eigenen Branche stammen – branchenübergreifende Kooperationen und neue Zusammenschlüsse innerhalb der Branche sind daher nicht nur als Notwendigkeit zu verstehen, sondern gleichermaßen als Gelegenheit.
Marktaussichten: Wo die Kundeninteressen liegen
Ungeachtet der Bedeutung und Notwendigkeit eines Wandels in der Automobilindustrie, ist die Konsumentenperspektive weiterhin ein maßgeblicher Faktor. Dabei geht es nicht allein darum, ob die Verbraucher bereit sind, die angebotenen Neuerungen anzunehmen, sondern auf welchem Wege diese am besten an den Endkunden herangetragen werden können.
Wo liegen die Interessen der Verbraucher, wie können Vorbehalte aufgelöst werden und ganz pragmatisch: Wie kaufen die Verbraucher heute und in der Zukunft überhaupt ihre Autos? Um solche Fragen geht es im Hinblick auf die Marktaussichten.
Beim Kauf zählt der Preis
Die Automobilstudie Deutschland 2019 des Beratungsunternehmens Simon-Kucher & Partner hat in diesem Zusammenhang den Preis als wichtigstes Kaufkriterium herausgefiltert, gefolgt von Sicherheit und Verbrauch. Die Höhe der CO2-Emissionen spielte für die Befragten offenbar eine untergeordnete Rolle – obwohl insgesamt 63 Prozent von ihnen bereit sind, für ein umweltverträglicheres Fahrzeug einen höheren Preis zu zahlen (38 Prozent) oder Kompromisse bei der Ausstattung (25 Prozent) einzugehen.
Unter diesen Voraussetzungen dürfte sich E-Mobilität vorläufig weiterhin schwertun, denn die Kosten liegen voraussichtlich noch in den kommenden zehn Jahren über den Preisen für Benziner. Entsprechend spielt der Preis bei der möglichen Anschaffung eines E-Fahrzeugs – zusammen mit dessen Reichweite – die größte Rolle. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kunden beim Verbrauch eher die möglichen Kostenersparnisse als den Umweltschutzaspekt vor Augen haben.
Zurückhaltung bei neuen Mobilitätsformen
Bei der Wahl des Antriebs landen Elektroautomobile daher nur auf Rang drei (24 Prozent), bevorzugt werden weiterhin mit deutlichem Vorsprung Benziner (70 Prozent). Immerhin kommt für 40 Prozent der Befragten auch ein Hybrid-Antrieb in Frage. Allerdings werden weder das aktuelle Angebot noch die notwendige Infrastruktur als ausreichend bewertet.
Dazu passen die Ergebnisse der Deloitte Global Automotive Consumer Study 2019, zumindest in der Tendenz. In der Befragung gaben 63 Prozent der Teilnehmer an, sich vorzugsweise für einen traditionellen Verbrennungsmotor zu entscheiden, Hybrid-Antriebe erreichen immerhin 26 Prozent und abgeschlagen bleiben reine Elektrofahrzeuge mit lediglich sechs Prozent.
Bei den Mobilitätsformen setzt sich der Trend fort, das Interesse an alternativen Mobilitätsformen – Car-Pooling, Fahrdienste etc. – ist noch überschaubar. Vor allem die älteren Generationen stehen neuen Konzepten skeptisch gegenüber, Besitz und Nutzung des eigenen Autos sind hinsichtlich Sicherheit, Praktikabilität und Verlässlichkeit deshalb nach wie vor für viele Verbraucher favorisiert. Eine Erkenntnis, die sich im Übrigen auch in der Studie von Simon-Kucher wiederfindet.
Online oder stationär?
Etwas mehr Aufgeschlossenheit ist hingegen beim Einholen von Informationen zum möglichen nächsten Auto zu beobachten. Einschlägige Webseiten und Portale, sowie die Online-Auftritte der Hersteller liegen als Informationsquellen sogar leicht vor den jeweiligen Händlern.
Diese bleiben allerdings die erste Anlaufstelle, um einen Kauf zu tätigen: 76 Prozent der Verbraucher entscheiden sich schlussendlich, den Kaufvertrag im stationären Handel abzuschließen. Im Vergleich dazu fallen Onlinekäufe (27 Prozent) oder Käufe von Drittanbietern (28 Prozent) als mögliche Optionen schon wieder deutlich ab.
Noch zurückhaltender in Bezug auf Online-Aktivitäten sind deutsche Autokäufer beim Thema Finanzierung. Laut Marktstudie 2018 der Gesellschaft für Konsumforschung GfK waren zwar 45 Prozent aller Neuwagen fremdfinanziert. Allerdings kommt lediglich für 11 Prozent in Betracht, einen Pkw über das Internet zu finanzieren, ungeachtet der Vorteile dieses Modells. Es wiederholt sich hier das Muster, das sich schon bei der Informationsbeschaffung abgezeichnet hat. Mit dem Generationenwechsel ist aber aller Voraussicht nach mit einer Verschiebung der Verhältnisse zu rechnen.
Andererseits ist, das zeigt etwa die Deloitte-Studie, bei den jüngeren Generationen die Tendenz größer, auf den Kauf eines Autos zu verzichten. Eine Möglichkeit für den Handel, diesen Verbrauchergruppen den Neuwagenkauf dennoch schmackhaft zu machen, liegt eventuell in flexibleren Rabattmodellen.
Zwar gehen die meisten Kunden immer noch von klassischen Geldrabatten beim Autokauf aus, positiv bewerten sie aber auch verlängerte Garantien, Mobilitätsgarantien oder kostenlose Sonderausstattungen. Andere Rabattformen, die individuell auf den jeweiligen Käufer abgestimmt sind, können daher durchaus ein Kaufanreiz sein.
Notwendiger Wandel – aber nicht ohne Fragezeichen
Alle Zeichen stehen auf Wandel, sowohl bei den Herstellern als auch bei den Zulieferern. Eine der Schwierigkeiten bei den damit zusammenhängenden Prognosen: Die Entwicklung der Automobilität in den kommenden Jahren ist in ihrer Vielschichtigkeit noch kaum abzusehen.
Politische Vorgaben etwa sind bislang nur bedingt ein Indikator für die zukünftige Entwicklung des Marktes. Die anhaltende Skepsis gegenüber der E-Mobilität etwa beweist das, ebenso wie – zumindest unter deutschen Kunden – das Festhalten am eigenen Auto.
Das ändert schlussendlich nichts daran, dass neue Mobilitätsangebote geschaffen werden müssen, um demografischen, technologischen und ökologischen Trends in Zukunft gerecht werden zu können. Der daraus resultierende Innovationsdruck ist daher nicht allein eine Herausforderung – er ist genauso eine Chance, im technologischen Fortschritt die Vorreiterrolle der Branche zu behaupten.
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